Beitrag: Projektmanagement für die Einführung der NIS2-Richtlinie

Projektmanagement für die Einführung der NIS2-Richtlinie

Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Unternehmen erfordert eine genaue Projektplanung und -durchführung, um den Anforderungen der EU-Vorgaben gerecht zu werden. Ein strukturierter Projektplan hilft, alle relevanten Schritte effizient zu koordinieren und die gesetzten Ziele termingerecht zu erreichen, das Management zu überzeugen und notwendige Budgets sicherzustellen.

Projektplan für die Einführung der NIS2-Richtlinie

Die Umsetzung erfolgt in vier Phasen: Vorbereitung, Risikomanagement, Implementierung und kontinuierliche Wartung. Im Folgenden werden zusätzliche Details zu jedem Schritt und wichtige Aspekte wie Kommunikation und Management-Reporting herausgestellt.

Phase 1: Vorbereitung des NIS2-Projektes

  1. Gap-Analyse der NIS2-Anforderungen  und Projektdefinition 
    • Durchführung einer Lückenanalyse, um bestehende Sicherheitsmaßnahmen mit den NIS2-Anforderungen zu vergleichen.
    • Erstellung eines Projektplans mit klar definierten Meilensteinen, Verantwortlichkeiten und Fristen.
    • Festlegung der Zielsetzung und Abgrenzung des Projektumfangs, etwa welche Abteilungen und Systeme primär betroffen sind.
  2. Sponsoring durch die Geschäftsleitung
    • Sicherstellen, dass die Geschäftsleitung das Projekt unterstützt und als Sponsor agiert.
    • Präsentation der Projektziele und der Compliance-Risiken bei Nichteinhaltung.
    • Einbindung eines C-Level-Sponsors, der interne Hindernisse beseitigen und Ressourcen freigeben kann.
  3. Projektkommunikation
    • Erstellung eines Kommunikationsplans, der alle Stakeholder über Fortschritte, Änderungen und Herausforderungen informiert.
    • Einrichtung regelmäßiger Status-Meetings für das Projektteam und gezielte Kommunikationsmaßnahmen für Führungskräfte und Mitarbeitende.
    • Bereitstellung eines zentralen Informationshubs, z. B. über Intranet oder Projektmanagement-Tools.
  4. Schulungen und Sensibilisierung
    • Schulung des Projektteams und der relevanten Stakeholder über die Anforderungen der NIS2-Richtlinie und deren Bedeutung.
    • Einführung von Cybersicherheits-Grundlagen für alle Mitarbeitenden, die im Projekt involviert sind, sog. Cyberhygiene.
    • Sicherstellen, dass die Projektmitglieder mit grundlegenden Projektmanagement-Tools und -Methoden vertraut sind.

Phase 2: Risikomanagement

  1. Erstellung einer Sicherheitsleitlinie ("Konzept in Bezug zur Sicherheit in der Informationstechnik")
    • Festlegung der strategischen Ziele und Verantwortlichkeiten im Bereich Cybersicherheit durch ein richtlinienbasiertes Dokument.
    • Genehmigung durch die Geschäftsleitung, um die unternehmensweite Gültigkeit sicherzustellen.
    • Dieses Konzept ist Gegenstand des Anforderungen des §30 BSIG und wird im Annex der NIS2UmsVO Kapitel 1.1
      dort sind die Pflichtinhalte detailliert aufgeführt
    • Es entspricht im Wesentlichen der Informationssicherheits-Leitlinie gem ISO27001, Kapitel 5
      Ein Beispiel stellt beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereit.
  2. Methodik für Risikobewertung entwickeln
    • Einheitliche Kriterien definieren, um Risiken konsistent im gesamten Unternehmen zu bewerten.
    • Dies – schriftlich niedergelegt – ist zu verstehen als das Konzept in Bezug auf Risikoanalyse gem §30 BSIG
      bzw. dem Risikomanagementrahmen Kapitel 2.1 der NISUmsVO
    • Dokumentation der Methodik und Bereitstellung als Leitfaden für alle Beteiligten.
  3. Risikobewertung durchführen
    • Identifikation kritischer Assets (z. B. IT-Systeme, Daten, Anwendungen).
    • Bewertung von Bedrohungen, Schwachstellen und deren potenziellen Auswirkungen.
    • Priorisierung inakzeptabler Risiken, die sofort adressiert werden müssen.
  4. Erstellung eines Risikobehandlungsplans
    • Festlegung der Maßnahmen zur Risikominderung, Verantwortlichkeiten, Zeitpläne und benötigten Ressourcen.
    • Definition von KPIs zur Messung des Fortschritts und der Effektivität der Maßnahmen.

Phase 3: Implementierung

  1. Technische und organisatorische Maßnahmen umsetzen
    • Entwicklung und Einführung von Prozessen wie Zugangskontrollen, Incident-Management und Notfallwiederherstellung.
    • Implementierung technischer Lösungen, wie Firewalls, SIEM-Systeme und Monitoring-Tools.
  2. Schulungen für Mitarbeitende
    • Einführung eines regelmäßigen Schulungsprogramms mit abgestimmten Lernpfaden für unterschiedliche Rollen im Unternehmen.
    • Sensibilisierung der Belegschaft für Cybersicherheitsrisiken und Vermittlung spezifischer Maßnahmen.
    • Berücksichtigung von Feedback und Evaluation der Schulungsinhalte, um die Effektivität zu verbessern.
  3. Projektkommunikation und Management-Reporting
    • Erstellung eines regelmäßigen Management-Reportings, das den Fortschritt der Umsetzung, Budgetverbrauch und eventuelle Hindernisse transparent macht.
    • Kommunizieren von Erfolgsmeldungen und erreichten Meilensteinen, um das Engagement der Stakeholder zu stärken.
  4. Lieferkettensicherheit etablieren
    • Bewertung der Sicherheitsstandards von Lieferanten und Partnern.
    • Anpassung von Verträgen, um Cybersicherheitsanforderungen klar zu definieren und einzufordern.

Phase 4: Kontinuierliche Wartung

  1. Strukturierte Überwachung und interne Audits
    • Einführung von regelmäßigen internen Audits, um die Einhaltung der Cybersicherheitsrichtlinien zu überprüfen.
    • Einrichtung eines Management-Review-Prozesses, um strategische Entscheidungen zur Weiterentwicklung der Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.
  2. Fortlaufende Mitarbeiterschulungen
    • Etablierung eines kontinuierlichen Schulungsprogramms mit regelmäßigen Updates zu neuen Bedrohungen und Technologien.
    • Sicherstellung, dass alle Mitarbeitenden – einschließlich der Führungsebene – regelmäßig geschult werden.
  3. Management von Sicherheitsvorfällen
    • Implementierung eines klaren Melde- und Reaktionsverfahrens für Sicherheitsvorfälle, z.B. im Rahmen einer Incident-Management-Richtlinie.
    • Sicherstellung, dass Berichte und Analysen von Vorfällen in die Optimierung der Sicherheitsmaßnahmen einfließen.
    • Die Anforderungen sind in Kapitel 3.1. Konzept für die Bewältigung von Sicherheitsvorfällen in der NIS2UmsVO enthalten.
  4. Korrekturmaßnahmen umsetzen
    • Systematische Analyse und Beseitigung von Schwachstellen und Nichtkonformitäten.
    • Dokumentation aller durchgeführten Maßnahmen, um die Einhaltung und Effektivität nachzuweisen.

Fazit

Die Einführung der NIS2-Richtlinie erfordert ein sorgfältig geplantes und strukturiertes Projektmanagement. Durch klare Verantwortlichkeiten, regelmäßige Kommunikation, fundierte Schulungen und die Unterstützung der Geschäftsleitung wird sichergestellt, dass die Anforderungen nicht nur erfüllt, sondern auch langfristig in die Unternehmenskultur integriert werden. Mit einem systematischen Ansatz können Unternehmen ihre Cybersicherheitsstrategie nachhaltig stärken und gleichzeitig gesetzliche Vorgaben erfüllen.

Über den Autor:

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Ralf Becker

Geschäftsführer & Datenschutz- / Informationssicherheitsbeauftragter

Ralf Becker begann seine berufliche Laufbahn bei einer Strategie-Beratung, war in unterschiedlichen leiten-den Positionen im Telekom-Konzern tätig, bevor es ihn 2007 wieder in die Beratung zog. Seit 2009 ist er Geschäftsführer der daschug GmbH. Sowohl als zertifizierter Datenschutzbeauftrag-ter wie auch als externer Informationssicherheitsbeauftragter ist er seit mehr als 15 Jahren im Bereich IT-Compliance aktiv. Von ihm und seinem Team werden eine Reihe deutscher mittel-ständischer Unternehmen „hands-on“ betreut. Er verfügt über mehr als 10jährige Erfahrung mit ISO27001-Zertifizierung auch in kleinen Organisationen und dem Aufbau bzw. der Pflege von pragmatischen, tool-gestützten Informationssicherheits-Managementsystemen (ISMS) für KMUs.